Von Mikroverkapselung und anderen Spezialchemikalien

Mein Gott, manchmal mach ich mir das Leben schon extra schwer! Statt, dass ich einen Artikel über ein allseits bekanntes Unternehmen schreibe, grabe ich bei meiner Recherche aus irgendeinem Winkel der Börsenwelt ein Unternehmen aus, das mir zwar richtig gut gefällt, über das ich aber nur schwer und vor allem relativ wenig Informationsmaterial finde. Dennoch glaube ich, dass genau das den Charme von DividendeOhneEnde ausmacht. Da investiere ich dann auch gerne mal deutlich mehr Zeit in meine Artikel. An der Stelle also die Entschuldigung und die Erklärung, warum momentan nicht jeden Sonntag ein Artikel kommt.

Heute gehts um die Balchem Corporation, einen Spezialchemiekonzern, der sich unter anderem auf die Entwicklung leistungsstarker Inhaltsstoffe für die Lebensmittelbranche spezialisierte. Das Unternehmen ist zwar recht klein und daher auch ziemlich unbekannt, die Umsatz- und Gewinnentwicklung sieht aber wirklich erstklassig aus. Genau der richtige Kandidat für uns.

Die Entstehung und das Geschäftsmodell der Balchem Corporation:

Bevor ich mich der Entstehungsgeschichte der Balchem Corporation widme, möchte ich kurz auf das Thema Mikroverkapselung eingehen. Bei diesem chemischen Verfahren wird ein Partikel, egal ob im festen, flüssigen oder gasförmigen Zustand, mit einer Beschichtung umschlossen, sodass dieser vor Außeneinwirkungen geschützt ist und eine kontrollierte Freisetzung ermöglicht wird. So wird die Mikroverkapselung in der Lebensmittelindustrie beispielsweise dafür genutzt, um Aromen, Mineralien, Vitamine oder andere Geschmacks- und Inhaltsstoffe länger haltbar zu machen oder diese etwa vor der Oxidation zu bewahren. In der Pharmabranche hingegen setzt man die Verkapselungsmethode unter anderem dazu ein, den Wirkstoff erst zu einem gewünschten Zeitpunkt freizusetzen. Eine wichtige Rolle in der Entwicklung und Erforschung der Mikroverkapselung spielte Dr. Laszlo Balassa. Dieser wurde am 6. September 1904 in Ungarn zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie geboren und promovierte bereits mit 22 Jahren an der Universität Wien in Biochemie. Nachdem er etwa vier Jahre als Metallurge in Mexico arbeite, nahm er einen Job als Forschungschemiker bei DuPont, einem der weltweit größten Chemiekonzerne, an.

Laszlo beziehungsweise Leslie, wie er sich in Amerika nannte, hatte größere Pläne und gründete ab 1944 verschiedene Unternehmen, die seine Erfindungen herstellen konnten. So entwickelte er unter anderem eine Behandlung zur Schmerzlinderung bei Backenzahnentfernungen, indem er Rinderknorpel mit einer Salzlösung zu einer Paste vermischte und das patentierte Präparat mit dem Markennamen Catrix zur Wundheilung einsetzte. Abgesehen davon ließ sich Leslie auch ein Verfahren zur Mikroverkapselung patentieren, das zur Grundlage für Medikamente mit zeitlicher Wirkstofffreigabe wurde. An dieser Stelle der Geschichte kommt Dr. Herbert Weiss ins Spiel. Auch er war ein promovierter Chemiker, der ins Unternehmertum wechseln wollte. Er suchte gezielt nach kleineren Nischenmärkten, die ein aussichtsreiches Wachstumspotenzial aufwiesen. Im Jahr 1967 entdeckte er im Wall Street Journal einen Bericht über Leslie’s Erfindung der individuellen Beschichtung einzelner Partikel, die eine dosierte Abgabe von Nährstoffen ermöglichte. Wenige Wochen später schlossen sich die beiden Chemiker mit einigen weiteren Investoren zusammen, um die Balchem Corporation zu gründen und weiter an der Mikroverkapselung zu forschen.

In der Anfangszeit mietete man sich in eine kleine Laboreinrichtung in der obersten Etage des Chemists‘ Club in Midtown Manhattan ein, ehe man im Jahr 1970 richtig durchstarten wollte. Zwar richtete man nun seinen Betrieb in einer ehemaligen Molkerei ein, stellte aber schnell fest, dass man noch mehr Zeit und Kapital in die Entwicklung seines Verkapselungsgeschäfts stecken müsse. Balchem gründete daraufhin die Tochtergesellschaft Arc Chemical Corporation, um verschiedene Chemikalien mit hoher Nachfrage herzustellen. Das nötige Fachwissen und die entsprechenden Produktionsanlagen waren vorhanden und man baute sich auf diese Weise einen soliden Kapitalfluss auf. Der Durchbruch in Sachen Mikroverkapselung gelang schließlich mit General Foods, deren Zitronenpudding durch das Verfahren vereinfacht wurde. Kurze Zeit später konnte Balchem auch weitere Lebensmittelhersteller wie Nestlé oder Unilever als Kunden gewinnen. Das Geschäft konnte sich fortlaufend bestens weiterentwickeln und man nutzte die Unternehmensgewinne, um kluge Akquisitionen zu tätigen. Heute beschäftigt man etwa 1.300 Mitarbeiter an 21 Produktionsstandorten in Nordamerika, Europa und Asien.

Der Balchem Aktienchart

Aussichten

Wie kann sich Balchem in Zukunft weiterentwickeln?
Zunächst möchte ich noch mal kurz das Geschäftsmodell der Balchem Corporation zusammenfassen. Der Nischenchemiekonzern richtet seinen Fokus darauf, innovative und wissenschaftlich fundierte Lösungen für die Ernährungs-, Gesundheits- und Lebensmittelmärkte zu entwickeln, herzustellen und zu vertreiben. Hierfür unterteilt man sein Geschäft in drei wichtige Segmente.

  • Human Nutrition & Health: In diesem Segment erwirtschaftet man mit 57 Prozent den Großteil des Umsatzes und kümmert sich um verschiedene Aroma-, Nähr- und Inhaltsstoffe für Hersteller von Lebensmitteln, Getränken, Nahrungsergänzungsmitteln oder Pharmazeutika. Das Produktsortiment reicht von Sportdrinks über Säuglingsnahrung bis hin zum Karamellgeschmack in Eiscreme und noch vielem mehr.
  • Animal Nutrition & Health: Diese Unternehmenssparte trägt zu 27 Prozent zum Umsatz bei. Blachem konzentriert sich hier auf Ernährungs- und Gesundheitsprodukte speziell für Wiederkäuer, Schweine, Geflügel, Aquakulturen und Haustiere. Großen Wert legt man hier auf die Futterqualität mit den richtigen Mineral- und Inhaltsstoffen.
  • Specialty Products: Etwa 15 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet Balchem mit Spezialchemikalien. Das sind zum einen spezielle Gase, die zur Sterilisation medizinischer Geräte oder zur Begasung von Gewürzen und Nüssen eingesetzt werden und zum anderen Mineralstoff-Lösungen für den weltweiten Agrarmarkt, die es Landwirten ermöglichen, den Ertrag und die Qualität ihrer Pflanzen zu verbessern.

Werfen wir nun einen Blick auf die Daten des zuletzt veröffentlichten Quartals (Q3 2021 – endete am 30. September 2021). Der Nettoumsatz in diesem Quartal lag bei 197,9 Millionen US-Dollar, was einem Anstieg von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht. Der Umsatz des Segments Human Nutrition & Health stieg im Jahresvergleich um 7,3 Prozent auf 111,2 Mio. US-Dollar, der Umsatz im Bereich Animal Nutrition & Health stieg um stolze 21,2 Prozent auf nun 56,2 Mio. US-Dollar und der Umsatz des Segments Specialty Products konnte ebenfalls um ordentliche 20 Prozent auf 27,6 Mio. US-Dollar gesteigert werden. Auch den bereinigten Nettogewinn konnte man um 11,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal auf nun 30 Mio. US-Dollar steigern – einem neuen Quartalsrekord. Dies entspricht übrigens einem bereinigtem Gewinn von 0,92 US-Dollar je Aktie.

Balchem hat sich über die Jahre in einem soliden und wachstumsstarken Markt bestens positioniert. Alleine durch die steigende Weltbevölkerung dürfte der Chemiekonzern eine aussichtsreiche Zukunft vor sich haben. Logisch, würden alle Menschen von heute auf morgen aufhören tierische Produkte zu essen oder sogar gänzlich auf verarbeitete Lebensmittel zu verzichten, hätte Balchem (wie auch die gesamte Lebensmittelindustrie) zweifelsohne ein ziemlich großes Problem. Da dies aber extrem unwahrscheinlich ist, kann man dieses Risiko definitiv vernachlässigen. Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, investiert unser Nischenchemiker viel Geld in seine Forschungsarbeiten. Abgesehen davon, tätigt man auch hin und wieder sinnvolle Geschäftsübernahmen – so beispielsweise im Jahr 2019 mit den beiden Unternehmen Chemogas und Zumbro River Brand. Wenn ich mir hier das Gesamtpaket ansehe, muss ich wirklich sagen, dass ich überzeugt bin. Balchem dürfte eine blühende Zukunft vor sich haben.

Wie sieht es mit der Dividende aus?
Seit dem Jahr 1986 beteiligt Balchem seine Investoren am Unternehmensgewinn in Form von Dividenden. Allerdings muss man sagen, dass die Dividende eine lange Zeit eher nebensächlich behandelt wurde – hin und wieder wurde sie gesteigert, dann gekürzt oder unverändert gelassen. Gezahlt wurde aber immerhin in jedem Jahr. Seit dem Jahr 2010 etablierte Balchem eine jährliche Anhebung der Gewinnausschüttung – betrachtet auf den Zeitraum von 10 Jahren, liegt die durchschnittliche Dividendensteigerungsrate bei soliden 12,7 Prozent. Die momentane Dividendenrendite ist mit 0,3 Prozent aber wirklich gering, auch wenn die Ausschüttungsquote mit 20,3 Prozent durchaus weitere Steigerungen signalisieren könnte.

Fazit:
Die Balchem Corporation positionierte sich in verschiedenen Nischenmärkten und glänzt seit Jahrzehnten durch ein solides Umsatz- und Gewinnwachstum. Ich bin sehr optimistisch, was die Zukunft des Chemiekonzerns angeht, werde mir die Aktien aber dennoch erst mal nur auf die Watchlist packen und bei einem Rücksetzer zuschlagen.